Ein Blick hinter die Kulissen von Open House 2019

Erste Edition von Open House Valencia 2019

Die erste Edition Open House ist vom 03. – 05. Mai in Valencia. Dabei habt ihr die Möglichkeit architektonisch interessante Gebäude zu besichtigen. Des Weiteren werden in der ganzen Stadt verschiedene Aktivitäten angeboten. Wir wollten dem Ganzen mal nachgehen und fragen, wie es dazu kam. Mariano Bolant Serra, Kommissionsmitglied von Open House Valencia OHV, Architekturprofessor an der Universidad Europea Valencia und seit 2014 Präsident des CTAV Colegio Territorial de Arquitectura de Valencia hat uns in einem Exklusivinterview Rede und Antwort gestanden:

Wie ist die Idee zu Open House Valencia entstanden ?

Open House Valencia ist uns – einigen Architekten, Anwälten und Designern – vor einigen Jahren in den Sinn gekommen. Genauer gesagt, eine der Organisatoren dieser Ausgabe, eine junge Architektin, war ehrenamtliche Mitarbeiterin bei Open House Barcelona. Sie fand es eine sehr interessante Sache und deswegen kam irgendwann die Frage auf, wieso machen wir das eigentlich nicht auch in Valencia? Daraufhin fingen wir an zu organisieren. Als erstes nahmen wir Kontakt mit Open House Worldwide Family auf, das ist die Mutterorganisation in London, welche die Auflagen an die verschiedenen Städte stellt. Momentan sind es 42 Städte und dieses Jahr kommen zwei-drei weitere hinzu, unter ihnen Valencia.

Open House Worldwide stellte einige Anforderungen und wir mussten zeigen, dass Valencia architektonisch genügend zu bieten hat, um ein solches Event durchzuführen, nicht nur für eine, sondern für mindestens drei Ausgaben. Denn dazu muss man sich verpflichten, um Gastgeber von Open House zu werden, damit eine gewisse Kontinuität entsteht.

Wir mussten eine Dokumentation einreichen, mit einer Liste von zweihundert Gebäuden. Danach machten wir eine Vorauswahl von fünfzig Gebäuden, um zu zeigen, welche Qualitäten die Architektur in Valencia hat.

Eine andere Bedingung betraf die Organisation dieses Events. Open House Worldwide will nicht, dass die Durchführung von Institutionen in die Wege geleitet wird. Somit war es nicht möglich, dass das Colegio de Arquitectos oder die Stadt selbst die Initiative ergreift. Wir mussten also vorzeitig einen Verein gründen, die Organicación Europea del Paisaje Urbano, der nicht gewinnorientiert ist. Wir sind eine Gruppe von Architekturdozenten, die an verschiedenen Universitäten unterrichten. Das gab uns die Möglichkeit, unsere Studierenden einzubeziehen, einige Ausstellungen zu machen, Publikationen und Konferenzen durchzuführen usw. Nur so war es überhaupt möglich, dieses Projekt zu starten, ohne auf Institutionen angewiesen zu sein. Als diese Formalitäten erledigt waren, erhielten wir die Zustimmung für ein Open House in Valencia, das war letzten Oktober. In diesem Moment hieß es von Null auf Hundert. Wir kontaktierten nun die Institutionen, ohne diese ein solches Event nicht möglich ist. Wir können nicht einfach eine Straße sperren, ohne die Erlaubnis der Stadt. Letzten November legten wir ihnen unsere Ideen vor, in einer offiziellen Präsentation bei der Stadtregierung von Valencia, bei der unter anderem der Stadtpräsident und der Stadtbaumeister anwesend waren. Es folgte eine weitere Präsentation eine Woche darauf und von da an konnten wir mit der eigentlichen Organisation anfangen. Uns blieb nicht mehr viel Zeit, nur fünf Monate. Dieses Jahr haben wir alles in weniger als einem halben Jahr auf die Beine gestellt. Auf nächstes Jahr können wir uns besser vorbereiten, wir haben viel gelernt und ein ganzes Jahr Zeit.

In Spanien gibt es Open House bisher in Barcelona, Madrid, Valencia…

… und in Bilbao. Das ist wie die Champions League. Es nehmen 45 Städte teil und vier davon sind aus Spanien. Das ist sehr gut. Wie im Fußball, es spielen Madrid, Barcelona, Athletic, Valencia… Ich glaube Valencia muss sich in dieser Auswahl der besten Städte der Welt nicht verstecken. Klar, London zeigt achthundert Gebäude, aber London ist auch London. Oder nehmen wir Chicago, dort zeigt man gar nicht einzelne Gebäude, sondern ganze Viertel. Das kann man nicht vergleichen (lacht). Aber im Verhältnis gesehen ist Valencia gut positioniert und kann sich durchaus zeigen lassen.

Wie viele Gebäude werden insgesamt gezeigt?

Fünfzig. Es wurden fünfzig Bauten ausgewählt und dann kommen noch die Rundgänge dazu, in denen natürlich auch Gebäude zu sehen sind. Zum Beispiel gibt es eine Begehung im Cabanyal, dort wird das städtebauliche Raster aufgezeigt, die Gestaltung und die Typologie des Viertels. Dann gibt es noch eine andere, sehr interessante Route „La Muralla Islámica“, denn in Valencia gibt es viele Hinweise auf die Islamische Epoche, die einige Jahrhunderte die Stadt prägte. Bei dieser Führung werden nicht einfach einzelne Mauerstücke angeschaut, sondern alles im größeren Zusammenhang aufgezeigt, um so einen Eindruck zu vermitteln, wie die Stadt einmal ausgesehen hat. Es werden auch zeitgemäße Routen angeboten, unter anderem Streetart. In diesem Spaziergang gehen wir durch die Straßen und sehen eine Mauer, eine Fassade… alles Teil der Architektur und der Stadtlandschaft. In der Route „Marína“ spazieren wir nicht über das ganze Hafengelände, diese Zone wird mit dem Schiff besichtigt. Den Hafen von der Meerseite her zu sehen wird sicher sehr interessant und außergewöhnlich. In der Besichtigung „Valenciana Republicana“ liegt der Schwerpunkt auf den Refugios, dort blicken wir auf die Jahre des Bürgerkrieges zurück, in denen die Bewohner Schutz in diesen Unterständen suchten. Diese Geschichte zu erzählen und dabei in den Räumen zu sein, in denen sich die Menschen in Sicherheit brachten, ist ebenfalls etwas ganz spezielles und zeigt ein Bild, das wenig bekannt ist. Dann gibt es die Avenida de Blasco Ibañez, an der sich viele Universitäten befinden, die der Architekt Moreno Barberá entworfen hat. Auch dort bieten wir eine Führung an, bei der wir sämtliche Gebäude dieses Architekten beschreiten, unter anderem die „Facultad de Derecho“ und die „Facultad de Filosofía y Letras“. Auch das ist eine Route, die den Besuchern gefallen wird. Ich fasse kurz zusammen, es gibt fünfzig Gebäude und acht Rundgänge, von denen ich einige erläutert habe.

Wie viele Besucher erwartet ihr?

Es wäre schön, wenn wir 30 Tausend Besucher hätten, oder 35 Tausend oder 40 Tausend (lacht)…

Nehmen wir als Vergleich die erste Ausgabe in Bilbao, die vor zwei Jahren statt fand und übrigens architektonisch einiges auslöste. Damals kamen etwa 35 Tausend Besucher. In diesem Bereich wären wir auch gerne. Wenn es mehr sind, freuen wir uns natürlich, aber wir fangen lieber bescheiden an. Bilbao hat in diesem Jahr die dritte Ausgabe, in Barcelona findet es bereits zum neunten Mal statt, in Madrid zum fünften Mal. Madrid hatte vergangenes Jahr 80.000 Besucher, aber Madrid ist auch Madrid. Und in Barcelona hat man unterdessen den Radius auch auf die Agglomeration erweitert und zeigt unter anderem Fabrikanlagen der Textilindustrie, welche architektonisch sehr spannend sind. Letztes Jahr fanden themenorientierte Anlässe statt, wie zum Beispiel Gastronomie in Zusammenhang mit Architektur. Klar, zuletzt ist alles auf irgendeine Weise verknüpft im Leben. Vielleicht greifen wir das Thema Gastronomie in einer kommenden Ausgabe auf und gehen in die Albufera. Gerade die Gastronomie lässt sich gut auf unsere Landschaft und bestimmte Orte beziehen. Wir haben auch eine sehr wichtige Keramikindustrie außerhalb von Valencia, auch in diese Richtung wäre etwas durchaus denkbar.

Um euch noch ein bißchen mehr von dieser Architekturveranstaltung zu erzählen, rund um die Architektur gibt es auch ein kulturelles Programm. Ein Teil des Plaza de Ayuntamiento wird gesperrt, dort wird ein aktuelles Thema, die Vorfabrikation einer Wohnung vorgestellt. Es wird Live Musik geben und einen Heißluftballon, um über die Dächer der Stadt zu sehen. An anderen Standorten werden auch freie Flüge mit dem Heißluftballon angeboten, z.B. vom Hafen aus. Da hoffen wir einfach, dass der Wind nicht Richtung Meer weht, sondern Richtung Stadt, um über Valencia zu fliegen (lacht). Das ist ein sehr interessantes Panorama und hat eine Geschichte. Denn vor 160 Jahren hat ein französischer Architekt namens Alfred Guesdon Nutzen daraus gemacht, dass zur gleichen Zeit die Fotografie und der Heißluftballon erfunden wurden. Er machte Flüge über verschiedene Städte und fotografierte diese von oben. Solche Lithografien gibt es auch von Valencia, zu diesem Zeitpunkt noch mit der Stadtmauer. Man kann also die heutige Situation mit diesen Luftaufnahmen vergleichen. Das sind auch Themen, die mit Architektur zu tun haben. Wir können sehen, wie sich die Stadt in diesen 160 Jahren entwickelt hat. Deshalb führen wir auch einen Fotowettbewerb durch, an dem alle, die Lust haben, mitmachen können. Wir wollen die Stadt, die Straßen, Plätze und Gebäude mit den Augen anderer sehen. Es gibt auch Konferenzen und Vorträge über verschiedene Themen. Es ist mehr als einfach von Gebäude zu Gebäude zu gehen, man kann, wann immer man möchte, eine Pause einlegen, auf der Straße ein Bier trinken, ein Konzert anhören, zu einem Vortrag gehen oder eine Ausstellung ansehen.

Es sind nicht die Fallas, aber es sollte eine festliche Veranstaltung werden, die lebt.

Weshalb ist es der richtige Zeitpunkt, um Open House Valencia zu starten und um über Architektur zu sprechen?

Als erstes, weil wir glauben, dass Valencia und die Valencianer ihre Architektur nicht zu schätzen wissen. Ich glaube in Valencia wird seit einigen Jahren nicht gut von der Architektur gesprochen. Viele Projekte, bei denen auch die Politik mitgemischt hat, haben nicht den besten Eindruck hinterlassen. Aber nicht wegen der Architektur selbst, sondern vielmehr wegen der Führung und dem Management. Ich glaube, Valencia ist am Auseinanderfallen. Umso wichtiger ist es, in diesem Moment positiv und in Großbuchstaben von Valencia zu sprechen. Abgesehen davon, dass es uns Architekten gefällt, über Architektur zu sprechen. Wir sind alle Architekturprofessoren, denen es Spaß macht von Architektur zu erzählen (lacht). Die Stadt Valencia verdient es, gut von ihr zu sprechen.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir andere Orte besser kennen als unsere eigene Stadt. Deswegen hoffen wir auch, dass dieser Anlass den Valencianern selbst hilft, mehr über ihre Stadt zu erfahren. Oft sind wir abgelenkt, wenn wir durch die eigenen Straßen gehen. Wenn wir Urlaub haben und als Besucher in Madrid sind, dann schlendern wir durch die Straßen, sind aufmerksam und sehen uns Dinge an. Hier machen wir das nicht, wir rennen geradezu von einem Ort zum anderen. Für die Anwohner ist dieses Event also eine Möglichkeit, all die interessanten Orte ihrer Stadt besser kennen zu lernen und für Menschen von außerhalb genauso. Sie kommen einen Tag in die Stadt, um Dinge anzuschauen, die sie nicht kennen. Zum Beispiel das Gebäude Rialto, wir alle waren schon dort und haben uns einen Film angesehen. Aber wer kennt den Projektionsraum und all die anderen Räume im Hintergrund? Oder bestimmt seid ihr schon einmal in die Oper gegangen, aber wart ihr schon einmal hinter den Kulissen? Bestimmt nicht! Und das sind Dinge, die ihr an diesen Tagen besuchen könnt. Der Backstage Bereich einer Oper ist gewaltig. Das ist spannend zu sehen und das ist es, was wir den Besuchern ermöglichen möchten.

Gibt es eine Botschaft, die ihr mit Open House verkünden wollt?

Ich würde sagen, mal abgesehen von der Sonne, dem guten Klima, der guten Küche – übrigens in der ganzen Comunidad Valenciana – ist die Architektur und die Stadt von großem Wert. Und gerade, weil es viele gute Gründe gibt weshalb Deutsche, Engländer und Holländer hierher kommen, ist es wichtig, das Interesse an der Architektur zu wecken. Dieses Jahr fangen wir an mit fünfzig Gebäuden und einigen Besichtigungen, nächstes Jahr zeigen wir fünfzig weitere Gebäude und danach fünfzig weitere und so weiter. So lernen wir jedes mal ein bißchen mehr über die Stadt.

Und eine andere wichtige Sache ist, dass wir Valencianer unsere Architekturkultur kennen lernen und zeigen müssen. Ich möchte damit sagen, in Chicago kommen die Leute um Frank Lloyd Wright zu sehen. Dort zeigt man seine Gebäude ganz selbstverständlich. Hier in Valencia ist das anders. In einigen Fällen waren die Bewohner überrascht, dass man ihr Gebäude ausgewählt hat. Dass man ihr Zuhause als gutes Beispiel anerkennt, kann auch einen erzieherischen Effekt haben. Wir wollen ihnen aufzeigen, dass ihr Haus interessant ist und vielleicht wird das den ein oder anderen auch etwas stolz machen. Momentan fehlt uns dieses Verständnis noch.

Das könnte ein wichtiger Schritt sein, um das Interesse an der Architektur zu wecken. Damit nächstes Jahr vielleicht jemand sagen wird: letztes Jahr habe ich Open House leider verpasst, aber dieses Jahr möchte ich unbedingt hingehen. Das ist eine Form, um die Leute zu kultivieren, damit sie selbst hinausgehen und von ihrem Gebäude erzählen, weil sie wissen, dass es von Interesse ist. Wenn man etwas Schönes zu zeigen hat, dann sollte man es zeigen. Diese Kultur fehlt uns noch.

Es fehlt nicht mehr viel, bis die erste Ausgabe durchgeführt wird. Seid ihr im Zeitplan?

Soweit können wir zufrieden sein, wir haben die Unterstützung der Stadt, der Ämter, der Anwohner. Um an verschiedenen Orten Gratiskonzerte zu machen und die Bühnen aufzustellen, braucht es Bewilligungen und vieles mehr ist nötig, um die gewünschten Aktivitäten anbieten zu können. Dass am Schluss alles aufgeht, ist nicht einfach. Jedes Gebäude hat andere Öffnungszeiten und hat seine Besonderheiten. Dazu gibt es übrigens einen wichtigen Punkt, den ich erläutern möchte – und jetzt schweife ich ab, wenn ich anfange über diese Dinge zu sprechen (lacht): Gebäude haben an erster Stelle einen architektonischen Wert, aber die meisten von ihnen haben auch eine Funktion zu erfüllen und einen sozialen Nutzen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Residencia Avapace am Ende der Blasco Ibañez. Das ist ein Bau für Menschen mit Gehirnlähmung, für Menschen mit sehr spezifischen Bedürfnissen. Und dank diesem Gebäude hat sich das Leben dieser Menschen verbessert. Die Architektur dient auch diesem Aspekt. Es geht nicht nur um Ästhetik, um die große Architektur und Ikonen, sondern ebenso um viel alltäglichere Architektur. Um Bauten, die man nicht kennt, die jedoch einen großen Dienst leisten. Im Avapace sagen selbst die eigenen Bewohner, dass sie fast alles haben, was sie brauchen. Das macht eine gute Architektur möglich. Und es ist keine Ikone, kein Veles e Vents, keine Ciudad de Ciencias. Ich habe absolut nichts gegen diese Ikonen. Aber es gibt viele ganz alltägliche Bauten, die Personen ein besseres Leben ermöglichen. Und das sind andere wichtige Werte der Architektur, dass sie eine Funktion erfüllt und einen sozialen Nutzen hat.

Du hast vorhin gesagt, dass wir positiv von Valencia sprechen sollten. Was macht die Stadt in städtebaulicher und architektonischer Sicht gut und was sind die größten Herausforderungen?

Die meisten Schwierigkeiten entstehen immer dort, wo es an ökonomischen Mitteln fehlt. Wir sind durch Epochen gegangen, in denen Valencia große ökonomische Defizite hatte, sowohl die Stadt, wie die Comunidad. Aber wir wissen uns zu helfen. Nehmen wir den Fluss als Beispiel. Der Túria hat zwei Flussläufe. Der alte ist heute die Lunge der Stadt, in der man spaziert und mit dem Fahrrad fährt, eine fantastische Sache. Nicht jede Stadt wird von einem Fluss umsäumt, der in einen Park umgestaltet wurde, mit all den Aktivitäten, dem Palau de la Musica, der Ciudad de las Ciencias, dem Parque de Cabacera mit dem Zoo…und dann haben wir den anderen Flusslauf mit der Überschwemmung, die es im Jahr 1957 gab, in der die ganze Stadt überflutet wurde. Dieser neue Flusslauf wurde damals angelegt, damit der Túria nicht mehr so gefährlich nahe am Zentrum durchfließt. Diese Flussumleitung haben die Bürger von Valencia bezahlt. Nun kommt ein bisschen Geschichte. Briefpost kennen wir heute ja fast nicht mehr, wir haben E-Mail, wir haben WhatsApp, aber damals war das gewöhnliche Mittel die Briefpost. In Valencia wurde neben der normalen Briefmarke eine weitere Briefmarke eingeführt, genannt Plusultra. Mit dieser zusätzlichen Steuer, bezahlten wir die Verlegung des Flusslaufes. Was will ich damit sagen? Wir Valencianer sind es gewöhnt mit wenig oder manchmal ganz ohne Hilfe, vorwärts zu gehen (lacht). Deshalb vertraue ich den Valencianern, dass wir immer vorwärts gehen. Wenn wir gute Politiker in der Regierung haben, die den Institutionen vorstehen, dann ist es natürlich einfacher, erfolgreich und schneller vorwärts zu gehen. Aber vorwärts geht es immer und ich glaube, die Stadt Valencia hat große Fortschritte gemacht. Ich denke nicht nur an die letzten Jahre, sondern auch schon früher. Ich erinnere mich, dass etwa vor 30 Jahren einige Freunde aus Genua kamen, um eine Woche in Valencia zu verbringen. Am zweiten Tag musste ich meiner Frau sagen, dass wir in den Corte Ingles gehen können, damit sie sich etwas kaufen können. Denn wir hatten bereits die paar Dinge gesehen, die es damals zu sehen gab. Heute wirst du nicht fertig mit Valencia. Heute kannst du eine Woche in Valencia sein und es reicht nicht, alles zu sehen. Das beweist, dass vieles passiert ist und etwas gemacht wurde. Die Stadt ist gewachsen, die Stadt hat sich weiterentwickelt, die Stadt hat neue architektonische Ikonen, wenn wir sie so nennen möchten. Die Stadt ist attraktiver. Jeder Ferrari, der sich brüsten möchte, wird vor der Ciudad de Ciencias abgelichtet. Der Channel 5 hat ein Modell und ein Foto der Ciudad de Ciencias im Hintergrund. Und das gleiche geschieht auch mit Veles i Vents. Valencia wurde international neu positioniert und auf der Weltkarte eingetragen, vorher gab es Valencia nicht. Das hat dazu beigetragen, dass sich die Stadt wandelt.

Aktuelle Entwicklungen, wie wir sie im Cabanyal sehen oder im historischen Zentrum, sind fundamental. Das zeigt, dass die Stadt auch ihr Inneres pflegt. Eine Stadt wächst nicht nur nach außen, sie muss auch immer wieder befreit werden, sich erholen, erneuern und wertgeschätzt werden. Und die Bewohner stellen Anforderungen. Es gab eine Zeit, in der das Zentrum unbewohnt war, es gab nur Geschäfte, Büros oder zusammenstürzende Gebäude. Heute Leben wieder viele Menschen in der Innenstadt. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass die Stadt lebt. Eine Stadt muss lebendig bleiben, mit Geschäften, mit Bewohnern, mit allem. Dafür müssen die Voraussetzungen stimmen. Wenn die Häuser am zerfallen sind, wird dort niemand hinziehen. Ich glaube, dass viele Dinge passiert sind, aber auch noch vieles zu machen ist und immer vieles zu machen bleibt. Das ist etwas, das nie endet. Das Wachstum einer Stadt und ihre Entwicklung ist nie abgeschlossen. Für die öffentlichen Räumen gilt das gleiche. Heutzutage haben wir mehr Grünflächen, mehr Gehsteige, mehr Zonen zum Spazieren und einander Begegnen. Das alles macht eine Stadt freundlicher und angenehmer.

Das Bild, wie eine Stadt heute sein sollte, existiert in ganz Europa: wir brauchen eine nachhaltigere Stadt, eine liebenswürdige Stadt, damit wir Freude daran haben durch die Straßen zu gehen und dort zu verweilen. Das ist vielleicht ein wenig verloren gegangen. Aber ich denke, das werden wir wieder gewinnen. Denn das ist etwas, das bleibt. Wir möchten durch die Straßen spazieren, die Läden sehen, mit den Leuten plaudern. Da treten natürlich gewisse Konflikte auf. Wir sind auch mit dem Auto unterwegs, viele brauchen das Auto, es gibt ältere Personen und ein Thema für sich ist das Fahrrad. Das alles trifft aufeinander und muss miteinander auskommen, deshalb sollten wir einander respektieren. Das ist wirklich wichtig, das Zusammenleben.

Eine letzte Frage und damit zurück zu Open House. Von diesen fünfzig ausgewählten Gebäuden, welches sind deine drei Liebsten?

Da wäre zum Einen das Espai Verd, wenn man Valencia in Richtung Barcelona verlässt auf der linken Seite, das voll ist mit Gärten. Das ist sicher ein Gebäude, dass sich vom Rest abhebt, etwas sehr aussergewöhnliches. Es gibt Gemeinschaftsräume, es gibt Höfe, aber auch private Räume wie Terrassen und Gärten. Es ist ein interessanter Wohnungsbau, der durch seine Architektur auffällt, dadurch wie er komponiert ist und auch wie er den Lebensstil seiner Bewohner verändert. In diesem Gebäude wohnt man nicht, wie man normalerweise wohnt. Es ist eine andere Art nach Hause zu kommen.

Als Zweites liegt mir, wie gesagt, das Avapace sehr am Herzen. Ich denke, dass eine architektonische Lösung gefunden wurde, die der Gesellschaft hilft, in diesem Falle einigen Menschen mit Gehirnlähmung. Dem muss unbedingt Beachtung geschenkt werden.

Nach diesen zwei Genannten verliere ich mich ein wenig im Rest. Es gibt viele spannende Gebäude, wie den Palacio de la Generalitat. Diesen Palacio kennen wohl die meisten und viele waren schon dort. Aber wir gehen dorthin, weil wir arbeiten, weil wir etwas zu erledigen haben. Wir sind abgelenkt, haben irgendein Problem im Kopf, uns fehlt eine Lizenz oder was auch immer. Das macht es gerade interessant, einmal bewusst in diese Räume zu gehen, wo wir jeden Tag sind, uns aber nichts dabei überlegen. So geschah es mir, als wir Aufnahmen machten für den valencianischen Fernsehsender À Punt. Wir waren dort, ohne den Lärm und den Betrieb, wenn alle am arbeiten sind, und genossen die Räume. Noch dazu wird dir erklärt, wie die Sanierung gemacht wurde, die Struktur, die Materialien, der Backstein, die landschaftliche Gestaltung der Innenhöfe usw. Für mich ist dieser Palacio ein sehr liebenswertes Gebäude, das wir so gut kennen und überhaupt nicht kennen. Wir sind uns der Bedeutung dieses Gebäudes gar nicht bewusst und auch nicht wie es ist.

Das gleiche könnte man übrigens auch vom Palacio Municipal am Plaza de Ayuntamiento sagen. Dieses Gebäude hat brillante Säle und spektakuläre Räume, es gibt wirklich viele Bauten mit beeindruckenden Räumen… Deshalb bleibe ich wahrscheinlich bei diesen drei genannten Objekten.

Vielen Dank an Mariano Bolant Serra für seine ehrlichen Worte und seine interessante Darstellung des Projekts Open House. Wir haben auf jeden Fall Lust darauf bekommen und werden uns das ein oder andere Gebäude näher ansehen. Mit dem Wissen eines Experten gehen wir nun auch anders durch unsere Stadt und betrachten Gebäude aus einem anderen Blickwinkel. Wir wünschen Open House einen erfolgreichen Start und euch viel Spaß beim Entdecken der Stadt!

Wo & Wann Was angeboten wird erfahrt ihr hier:

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