Text: Gabriela Hallas
Berlin. Man schreibt das Jahr 1928. Zehn Jahre sind vergangen seit der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Die Stadt ist verwüstet, verarmt, gedemütigt. Gleichzeitig ist es aber auch das Jahr, in dem die elektrische Beleuchtung ihren Weg in die Stadt findet. Das Lied, das dem Programm seinen Titel verleiht, bezieht sich auf diesen Moment und beleuchtet Figuren, die in jenen Zeiten des Chaos und der Verwüstung die Straßen Berlins bevölkerten. Die Musik stammt natürlich aus der Feder keines Geringeren als des deutsch-amerikanischen Komponisten Kurt Weill.
“Komm, mach mal Licht damit man sehen kann, ob was da ist!“ – so begrüßten am Sonntagabend Begoña Martínez und Jesús Debón im schummrigen Matisse Club in Valencia ihr Publikum. In etwas mehr als einer Stunde führte das sympathische Sopran-Piano-Duo seine Zuschauer durch das nächtliche Berlin und traf dabei auf Gestalten, die ohne Scham und mit Hoffnung auf bessere Zeiten ihre Geschichten erzählten. So zum Beispiel Nanna, die in ihrem Lied lamentiert, dass sie schon mit 17 Jahren auf den Liebesmarkt kam, die aber auch weiß, dass Gott sei Dank alles schnell vorüber geht, „auch die Liebe und der Kummer sogar“. Oder die „Seeräuber-Jenny“, die vor dem Schiff warnt, das „mit mit acht Segeln und mit fünfzig Kanonen wird liegen am Kai“. Oder Lilian, die ihrem untreuen und kriminellen „Surabaya Johnny“ nachtrauert. Und auch Jenny, die sich mit sechs anderen Mädchen auf den Weg in die Stadt Mahagonny macht, um sich dort an die Männer zu verkaufen, kommt zu Wort. Sie hat ihre Heimat und Geborgenheit verloren und verabschiedet sich im „Alabama Song“ vom Mond und damit von der Hoffnung auf ein besseres Leben, auf wahre Liebe und Geborgenheit.

Als Sozialist und Jude sah sich Weill gezwungen, 1933 Deutschland zu verlassen und über Frankreich in die USA zu flüchten. In Paris entstand der französische Tango „Youkali“, in dem sich die Prostituierte Marie Galante sehnt nach Ehrlichkeit und erwiderter Liebe. Und auch ihr verleiht Begoña Martínez ihre wunderbare Stimme. Abgerundet wurde der musikalische Abend mit einigen Broadway-Liedern, die Weill während seiner Zeit in New York schrieb, und Cole Porters „I love Paris“.
Viele der von Weill komponierten Lieder erlangten durch Lotte Lenya, Marlene Dietrich und Ute Lemper, um nur einige zu nennen, zu Weltruhm. Und auch vom „Alabama Song“ gibt es unzählige Coverversionen, wie beispielsweise die von The Doors und David Bowie.
Vielleicht hätte sich manch einer ein bisschen mehr dramatische Untermalung der Lieder gewünscht und auch die Texte waren nicht immer so ganz verständlich – nichtsdestotrotz war es ein wunderbarer Abend und eine gelungene Hommage an den großartigen Kurt Weill.
Matisse Club | Campoamor, 60 | 46022 Valencia | Tel.: 685 240 014