Text von Andrea Keller
Auf den Hund gekommen – Teil 7
In meinem heutigen Artikel möchte ich anhand eines konkreten Falles einige wichtige und unabdingbare Punkte mit euch teilen.
Eine junge Mutter von 3 kleinen Kindern (die älteste ca. 11 Jahre) hat mich gerufen. Sie haben ein großes Anwesen gemietet und möchten nun 2 Tierschutzhunden ein Zuhause geben. Was sehr löblich ist und von mir gern unterstützt wird. Die Dame möchte im Vorfeld alles richtig machen und sich, bevor die Hunde einziehen, über das Wichtigste informieren. Im Vorgespräch am Telefon schilderte sie mir die derzeitigen Umstände der Hunde. Es sind Junghunde, die bis dato, auf einem wilden Grundstück keinerlei Kontakt zu irgendetwas hatten. Weder Mensch noch andere Hunde kennen sie. Nun sind sie in einer Pflegestelle untergekommen und zur Vermittlung frei gegeben. Wie ich finde, eine große Herausforderung für eine kinderreiche Familie ohne Vorerfahrung, was Hunde angeht. Da wäre es, nach meinem Geschmack, bestimmt eine andere Konstellation geworden. Das aber ist Aufgabe von den Tierschützern, darauf zu achten, wer für welches Tier passt. Das ist wiederum ein anderes Thema, das hier nun den Rahmen sprengen würde.
Wir machten einen Termin aus, damit ich mir vor Ort einen Eindruck verschaffen könnte (zukünftiger Schlafplatz, Freilaufgehege, etc.). Als ich darum bat, die Kinder mit in das Erstgespräch mit einzubeziehen, war kurz Stille am anderen Ende. Sie hatte an alles gedacht. Futter, Liegeplätze, Leine oder Halsband ….nur, dass ihre Kinder keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Hunden haben, kam ihr erst mit meinem Hinweis in den Sinn. Erst recht, wenn es Hunde aus dem Tierschutz sind, sollten ein paar mehr Regeln aufgestellt werden bzw. deutlicher zu erwähnen sein:
Das wichtigste überhaupt…
Generell gilt es: “niemals die Kinder mit den Hunden unbeaufsichtigt allein lassen!!!!” Das wäre grob fahrlässig und unverantwortlich.
Den Kinder sollte erklärt werden, dass wir Menschen andere Bedürfnisse und eine andere Sprache sprechen als die Hunde. Dass Kuscheln (z.B. Kopf an Kopf) für sehr viele Hunde viel zu nah und bedrohlich wirken kann. Schnelles und hektisches Rennen und Toben und Kreischen den Hunden Angst macht, die eh schon verunsichert und sensibel sind. Ein Greifen oder Grabschen nach dem Hund, gerade wenn er liegt und ruht, ungewollt ein Schreckmoment auslösen kann. In die Augen starren und auf gleicher Kopfhöhe sein wirkt für das Tier bedrohlich. Ruhezonen sind für Kinder TABU. Der Hund muss einen Ort haben, wo er geschützt und in Ruhe liegen kann (Hunde schlafen bzw. ruhen zwischen 17 und 20 Stunden am Tag). Vor allem Welpen und alte Hunde. Bei Ressourcen wie Futter oder Spielzeug bitte ganz achtsam sein.
Das sind nur ein paar Dinge, die mir immer wieder auffallen und wo es zu unerwünschten Situationen kommt. Der Hund zeigt durch seine Körpersprache sehr deutlich, was er mag und was nicht. Übergehen wir diese Signale und schimpfen ihn obendrein noch aus, bleibt dem Hund keine andere Wahl, als die nächst höhere Stufe des Warnens einzunehmen. Sprich, bis es zu aggressivem Verhalten und schließlich zu einem Biss kommt, hat der Hund im Vorfeld schon sein ganzes Repertoire an Warnungen/Hinweisen abgespult.
Ignorieren oder übergehen führt zwangsläufig zum Konflikt!
Weicht der Hund der Kinderhand aus, heißt das, er will jetzt keinen Kontakt. Meidet er die Nähe, ist ihm der Abstand zu gewähren. Die Tiere kommen von ganz allein und das sollten wir Menschen respektieren und akzeptieren. Zwangskuscheln ist Stress für den Hund, wenn er die Nähe als bedrohlich findet. Die nächste Stufe wäre Knurren oder/und Zähne zeigen. Spätestens hier macht der Hund deutlich, was er uns sagen möchte. Das heißt nicht, dass der Hund böse oder schlecht erzogen ist. Jedes Lebewesen hat seine eigene Individualdistanz. Auch wir Menschen gehen einen Schritt zurück, wenn uns etwas zu nahe kommt. Wir können mit Worten dem gegenüber unser Bedürfnis verdeutlichen. Der Hund hat “nur” seine Körpersprache und die gilt es zu lesen und zu respektieren.
Alles im allen ist lediglich unser gesunde Menschenverstand und Empathie gefragt. Dennoch passiert leider immer wieder ein Unglück und die Schuld wird dann fälschlicherweise dem Hund zugesprochen.
Gerne helfe ich in derartigen Situation weiter und stehe einem Gespräch immer zu Verfügung.
Mehr zu Andrea Keller und zur Keller Dog Academy erfahrt ihr in unserem exklusiven Interview.
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