In unserer heutigen Homestory hatten wir die Ehre mit dem Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Valencia zu sprechen. Welche Fragen und interessanten Details er uns beantwortet hat, erfahrt ihr hier exklusiv von uns:
Wie lange sind Sie schon Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Valencia?
Ich habe das Amt im Jahr 2014 angetreten, das heißt im Januar 2020 werden es nun 6 Jahre.
Wer steckt hinter dem Honorarkonsul? Sie sind Anwalt – was ist ihr Spezialgebiet?
Ich bin Anwalt für privates Recht, also hauptsächlich Zivil- und Handelsrecht sowie Unternehmensberatung und Familienrecht.
Wie wird man Honorarkonsul und wie lange wird man dazu berufen?
Diese Frage sollten Sie dem Generalkonsulat in Barcelona stellen oder der Botschaft in Madrid. Ich kann davon ausgehen, dass man als Voraussetzung eine Beziehung zu Deutschland haben sollte, sowie gute Verbindungen in der Stadt Valencia. Das Ziel des Amtes ist Deutschland vor Ort zu vertreten und dafür sind natürlich sowohl Kontakte notwendig als auch Kenntnisse der Stadt und der Provinz wichtig. Als mein Vorgänger in Rente ging, hat das Generalkonsulat in Barcelona einen Nachfolger gesucht und mich dem Auswärtigen Amt vorgeschlagen und so wurde ich zum Honorarkonsul in Valencia. Die Provinz Valencia gehört zu dem konsularischen Bezirk des Generalkonsulats in Barcelona.
Wie lange ist man in diesem Amt?
Gute Frage – um ehrlich zu sein habe ich darauf keine Antwort, im Prinzip gibt es hierzu keine etablierte Frist. Man bleibt also im Amt, solange man dazu fähig ist und das Vertrauen der deutschen Regierung und auch indirekter Weise von Spanien genießt.
Was ist der Unterschied zwischen Konsul und Honorarkonsul?
Das Amt des Honorarkonsuls ist eine Ehre und es ist auf jeden Fall etwas, was man ehrenamtlich macht. Die Befugnisse eines Honorarkonsuls sind natürlich limitierter als die eines Generalkonsuls oder die eines beruflichen Konsuls. Wir sind Ehrenbeamte und keine echten Beamten und müssen dem zu Folge auch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft aufweisen, anders als bei Berufsdiplomaten.
Wer bestimmt ob es überhaupt einen Honorarkonsul in einer Stadt gibt und welche Bedingungen muss man hierfür erfüllen?
Einige Faktoren, die hierfür ausschlaggebend sind, ist natürlich die Anzahl der deutschen Einwohner in Valencia, die wirtschaftliche Anwesenheit deutscher Unternehmen, deutsche Interessen, Tradition und im allgemeinen das Gewicht, das die Stadt Valencia in Deutschland hat. Valencia spielt als drittgrößte Stadt Spaniens eine bedeutende und entscheidende Rolle. Es gibt 12 Honorarkonsuln in ganz Spanien und die Kriterien sind hierbei unterschiedlich. Es gibt beispielsweise einen Honorarkonsul in Almeria, die im Prinzip keine große Stadt ist, man kann allerdings davon ausgehen, dass diese einen hohen touristischen Zulauf hat. Dagegen gibt es in Sevilla, die bedeutend größer ist, keinen Honorarkonsul. Bilbao, Zaragoza, Vigo, also die wichtigsten und größten Städte Spaniens haben einen Honorarkonsul. In Madrid haben wir ja die Botschaft, die nicht nur konsularische, diplomatische, wirtschaftliche, sondern auch politische Vertretung aufweist. In Barcelona haben wir das Generalkonsulat mit einer sehr großen Vertretung. Berufskonsulate finden wir in Málaga, Palma und in Las Palmas.
Wer bestimmt die Aufgaben und den Arbeitsalltag eines Honorarkonsuls?
Den Arbeitsalltag bestimmt in der Regel der Honorarkonsul selbst. Es gibt aber Veranstaltungen, bei welchen die deutsche Repräsentanz notwendig ist und auch erwartet wird. Es gibt keinen Aufgabenkatalog, den man als Honorarkonsul erfüllen muss. Ich widme den konsularischen Tätigkeiten ca. 1 – 1,5 Stunde pro Tag. Mal sind es mehr Stunden, die meine Anwesenheit verlangen und mal gibt es Wochen, wo ich eher weniger gefragt bin.
Sind die Aufgaben eines Honorarkonsuls weltweit gleich?
Der Kern der Aufgaben ist weltweit gleich, aber die spezifischen Aufgaben sind sowohl länderspezifisch, aber auch von Region zu Region verschieden. Die Aufgaben müssen sich natürlich an die jeweiligen Bedürfnisse der deutschen Bürger,ob Touristen oder deutsche Einwohner in Valencia anpassen. Es gibt z. B. Honorarkonsuln, die Anträge für einen biometrischen Reisepass nicht annehmen können. Einen weiteren Unterschied der Aufgaben macht bei uns hier in Valencia auch die deutsche Schule aus. Hier stehen Vorstandssitzungen an, die meine Anwesenheit erfordern und den Aufgabenbereich erweitern und interessanter gestalten. An den Vorstandssitzungen nehme ich als beratende Stimme Teil und wir arbeiten eng miteinander zusammen. Noch dazu ist die Stadt Valencia die Hauptstadt der Comunidad Valenciana und man hat vielleicht häufiger Kontakt zur Landesregierung.
Welche Dienste bieten Sie deutschen Einwohnern an und welche Dienste müssen in Barcelona oder sogar Madrid durchgeführt werden?
Im Grunde sind es folgende Aufgaben, die sie auch auf unserer Seite entnehmen können. Beglaubigungen von Unterschriften und Kopien, Führerschein,- Kraftfahrzeug und Verkehrsangelegenheiten, Hilfe für deutsche Staatsangehörige in Notfällen, Passangelegenheiten, Familienangelegenheiten, Führungszeugnisse, Rentenangelegenheiten, konsularische Bescheinigungen, etc.. Bei Geburten helfen wir beim Antrag auf die Eintragung einer Geburt in Spanien, welches dann an das zuständige Standesamt in Deutschland weitergeleitet wird. Unterschriftsbeglaubigungen können bei uns ebenfalls gemacht werden. Bei Passangelegenheiten nehmen wir den Antrag für einen Reisepass entgegen, dieser wird dann jedoch vom Generalkonsulat in Barcelona ausgestellt. Was wir beispielsweise nicht machen, ist die Erteilung von Visa, natürlich nur für diejenigen, die nach Deutschland möchten und visapflichtig sind. Das ist die einzige Angelegenheit, die direkt in Madrid beantragt werden muss, alles andere kann im Generalkonsulat in Barcelona erledigt werden. Erbschaftsausschlagungen können wir hier vor Ort beurkunden, der Antrag auf einen deutschen Erbschein erfolgt allerdings in Barcelona. Genauso wie Vaterschaftsanerkennungen sowie die Zustimmung der Mutter dazu erfolgt ebenfalls in Barcelona. Im Todesfall eines Rentenempfängers benachrichtigen wir die deutsche Rentenversicherung, in dem wir die Urkunden weiterleiten, die uns die Angehörigen vorlegen.
Sie bieten Hilfe für deutsche Staatsangehörige in Notfällen an. Was war der kurioseste Fall, den sie erlebt haben?
Bei uns handelt es sich meist um menschliche Hilfestellung und Beratung deutscher Staatsbürger. Der kurioseste Fall war, vor Jahren, ein mit seinem Segelboot gestrandeter Deutscher in El Perello. Das Boot war völligst zerstört, der Mann hatte alles verloren, Kleidung, Dokumente, sein ganzes Hab und Gut wurde während der Strandung weggespült. Sein ganzes Leben ging mit dem Boot quasi unter. Des Weiteren war der Mann nicht in der Lage, sich selbst zu helfen und es war sehr schwierig mit ihm zu reden und eine geeignete Lösung zu finden. Wir haben damals mit den spanischen Behörden zusammen gearbeitet, so dass der Mann vorübergehend eine Bleibe finden konnte. Auch die Rückkehr nach Deutschland stellte einen größeren organisatorischen Aufwand dar. Neben Flugtickets musste auch vor Ort in Deutschland alles geregelt werden, so dass der Mann auch dort wieder aufgenommen werden konnte. Das war auf jeden Fall außergewöhnlich. Es ist von Amtszeit zu Amtszeit unterschiedlich. Mein Vorvorgänger hatte beispielsweise im Jahr 1978 mit einem Katastrophenfall zu kämpfen. In Los Alfaques wurden hunderte Leute bei einer Lkw-Explosion verletzt und einige davon starben. Darunter befanden sich viele Deutsche Opfer. Viele hatten Verbrennungen und die Menschen wurden damals nach Valencia in das Krankenhaus La Fe eingewiesen, eines der besten Krankenhäuser für Verbrennungsopfer. Er musste damals die Familien kontaktieren und ihnen diese grausame Realität schildern. Das war für ihn als eine seiner ersten Erfahrungen als Honorarkonsul nicht einfach. Selbstverständlich hoffe ich, eine derartige Katastrophe nie erleben zu müssen.
Das Schöne an der Aufgabe ist es, dass man nah an den Menschen ist und mit ihnen gemeinsam Probleme löst. Manchmal – nicht immer – kann man feststellen, dass man dazu beiträgt, dass sich das Problem oder die Situation der Menschen etwas verbessert – und das ist durchaus selbstbelohnend.
Im Laufe ihrer Karriere als Honorarkonsul, haben Sie viele Einwanderungen bzw. Abwanderungen erlebt?
Dadurch, dass es keine Meldepflicht für Deutsche im Ausland gibt, können wir keine Statistik führen. Nach Einschätzungen der Polizei gibt es in der Provinz Valencia an die 4000 deutschen Einwohner. Die genauen Zahlen haben wir allerdings nicht. Die Anzahl ist seit meinem Amtseintritt stabil geblieben. Große Ein- bzw. Abwanderungen habe ich als Honorarkonsul nicht erlebt. Ich kann mich allerdings an die Situation im Jahr 2002/2003 erinnern, damals hatten viele Deutsche Deutschland verlassen und haben sich in Valencia angesiedelt. Vor allem waren es Freiberufler oder Arbeitssuchende aus Deutschland. Das hat sich allerdings in den darauffolgenden Jahren 2004/2005 geändert und ist seither stabil.
Der Tourismus ist auf jeden Fall angestiegen. Der deutsche Tourist kommt im Vergleich zu den 90er Jahren häufiger nach Valencia. Vorher hatte Valencia weder einen schlechten noch einen guten Ruf. Es hatte schlichtweg gar keinen Ruf – Valencia war überhaupt nicht bekannt. Heute kann man dies auch an der Anzahl der Hotels sehen. Vor knapp 25 Jahren gab es in Valencia kein 5 -Sterne Hotel. Wir hatten außerhalb der Stadt das Hotel Sidi Saler, welches übrigens einen deutschen Kapitalgeber hatte und das heute geschlossen ist. In Puzol gab es ebenfalls eines. In der Stadt Valencia konnte man allerdings kein 5 -Sterne Hotel finden. Heutzutage haben wir fünf 5 -Sterne Hotels und etliche 4 -Sterne Hotels, was natürlich ebenfalls ein Indikator für den Anstieg der Touristen ist.
In den 70er und 80er Jahren kamen viele deutsche Unternehmen nach Valencia. So eine ’Massenbewegung’ kann man aber heutzutage nicht sehen, aber auch keine großen Abwanderungen. Also hier lässt sich kein großartiger Trend feststellen.
Was waren für Sie die einschlägigsten wirtschaftlichen Veränderungen der Stadt Valencia?
Im Grunde genommen ist die Situation und Entwicklung der Provinz Valencia ähnlich zu der allgemeinen Entwicklung der westlichen Länder. Wir hatten vor 20 oder 30 Jahren eine Wirtschaft, in der das Gewicht von Leichtindustrie (Spielzeug, Textil, Schuhe) schwerer war als heute. Die Konkurrenz in China hat viele dieser Industrien übernommen. Neue Sektoren, wie Kosmetik und Gesundheit bzw. Wellness haben sich seitdem entwickelt. Auch positiv zu erwähnen sind natürlich die Veränderungen und die zunehmende Wichtigkeit des Hafens von Valencia. Dieser hat in den letzten Jahren erheblich an Stellenwert gewonnen. Auch zu erwähnen sind die Supermarktketten Mercadona, Consum und Mas y Mas. Alles valencianische bzw. alicantinische Unternehmen.
Im Allgemeinen hat die Wichtigkeit des Dienstleistungssektors zugenommen. Der Flughafen hat auch viel Potenzial, spielt zwar nicht in der gleichen Liga wie Madrid oder Barcelona, der Hafen allerdings schon. Er ist genauso wichtig, in manchen Bereichen sogar wichtiger, als Barcelona oder Algeciras.
Was sind Ihre Lieblingsplätze in Valencia, Ihre Top 3 Must-Sees?
Ein Sonnenuntergang in der Albufera steht auf jeden Fall auf meiner Liste ganz oben. Ein Spaziergang im Barrio del Carmen, einfach planlos durch die Gassen des El Carmens schlendern und sich dort zu verlieren ist einfach wunderbar. Zumal unsere Altstadt zu einer der größten Altstädte Europas zählt. Die Altstadt ist meines Erachtens noch recht unbekannt. La Iglesia San Nicolas, Plaza de la Reina gefallen mir ebenfalls sehr und natürlich auch die Stadt der Künste und Wissenschaften. La Lonja de la Seda, die Seidenbörse ist auch sehr speziell, zählt ebenfalls zur Altstadt, die ich bereits erwähnt hatte.
Wo gehen Sie immer wieder gerne essen und was sind Ihre Leibspeisen?
Tapas esse ich immer gerne in der Casa Montaña. Es hat meines Erachtens die besten Tapas der Stadt, auch wenn Valencia keine große Tapas Kultur aufweist. Wenn man etwas experimentieren möchte, gehe ich immer wieder gerne ins Riff. Traditionelles valencianisches Essen, wie Reisgerichte und Paellas esse ich immer wieder gerne in der Casa Roberto.
Welche deutschen Gerichte finden Sie großartig und was ist Ihre Lieblingsstadt in Deutschland?
Ich esse immer wieder gerne Käsespätzle und Sauerbraten. Christstollen esse ich gerade jetzt zur Weihnachtszeit sehr gerne. Lieblingsstädte – Ich habe viele Lieblingsstädte in Deutschland. Je nach Lebensphase spricht mich dabei eine andere Stadt Deutschlands an. So zum Beispiel würde ich als Student Köln wählen. Als Freiberufler vielleicht eher Hamburg und Düsseldorf und als Rentner oder Tourist würde ich Leipzig bzw. Dresden empfehlen. Das ist schwierig, denn die Großstädte, München und Berlin sind natürlich ebenfalls sehenswert und haben ihren eigenen Charme.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Konsulat in Valencia befindet sich hier:
Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland
Avenida Marqués de Sotelo, 4, 3°, 9 A, 46002 Valencia
Telefon: +34 963 106 253
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